PDA-Autismus: Checkliste zur Selbst-Evaluation

Diese PDA-Checkliste dient der Selbsteinschätzung und ist kein offizielles Evaluierungsinstrument. Je mehr Punkten auf dich zutreffen, desto wahrscheinlicher könnte PDA-Autismus ein Thema sein. 

Diese Liste ist noch nicht vollständig und wird in den nächsten Wochen fertiggestellt.

Warum diese Checkliste zu PDA-Autismus?

Aktuelle Checklisten bieten keine Hintergrundinformationen zum Verhalten, was in meinen Augen für das Verständnis von PDA wichtig ist. Außerdem sind einige Punkte eher defizitorientiert formuliert, was im diagnostischen Kontext Standard ist, auf manche Menschen allerdings abschreckend wirken kann („schockierendes Verhalten“, „lügt, stiehlt, manipuliert“). Dadurch wird möglicherweise eine Selbstidentifikation verhindern bzw. entsteht eine Hürde, sich zu PDA bekennen zu wollen. Weiters sind viele wertvolle Informationen bisher nicht auf Deutsch verfügbar. Da PDA ein sehr komplexes Thema ist, empfinde ich es besonders wichtig, möglichst viele unterschiedlichen Perspektiven einzubeziehen.  

 

Quelle dieser Checkliste sind PDA-Evaluierungsbögen, Studien und meine 2-jährige Recherche inklusive persönlicher Erfahrungen zum Thema PDA. Ich habe alle Inhalte (wenn nötig) von Englisch übersetzt, verglichen, zusammengefasst, neu strukturiert und mit leicht verständlicher, neutraler Sprache versehen. Links zu den offiziellen PDA-Checklisten bzw. weitere Quellen findest du am Ende des Beitrags.

 

 

Durch meine Arbeit hoffe ich, einen Beitrag zum besseren Verständnis von PDA-Autismus leisten zu können – für meine Familie und alle Menschen, die davon betroffen sind.

Autismus, ADHS & Anxiety

Prof. Tony Attwood beschreibt PDA als einen Kreis mit drei Segmenten: Autismus, ADHS und Anxiety. Die Größe der einzelnen Segmente variiert bei jeder Person. Demnach haben manche PDAer haben einen größeren Autismusanteil, bei anderen steht ADHS im Vordergrund, und wieder andere zeigen besonders starke "Anxiety". Betrachtet man PDA vor dem Hintergrund von Autismus, ADHS & Anxiety, ergibt das Verhalten sehr viel Sinn. Auch Hochbegabung bzw. erhöhte Intelligenz sind häufig (aber nicht immer) Teil von PDA. 

🔲 1. Anzeichen von Autismus

PDA wird nach derzeitigem Forschungsstand dem Autismus-Spektrum zugeordnet. Es ist wissenschaftlich noch nicht ausreichend untersucht, klinisch jedoch gut erkennbar und wird im deutschsprachigen Raum bisher nur als Zusatz zur ASS-Diagnose gestellt (zB. “weist Anzeichen von EDA - Extreme Demand Avoidance - auf").

 

Es bestehen Auffälligkeiten wie bei anderen Autisten:

  • Schwierigkeiten in sozialer Interaktion

  • Repetitives Verhalten und Spezialinteressen

  • Sensorische Besonderheiten

  • Meltdowns/Shutdowns

Oft ist Autismus nicht auf den ersten Blick ersichtlich bzw. werden nicht alle Kriterien für eine Diagnose erfüllt. Das kann an einer Kombination mit ADHS liegen. PDA-Autisten sind häufig sozial interessiert, können ihre Herausforderungen teils gut verbergen und Blickkontakt halten. Ihre Spezialinteressen wechseln häufig und drehen sich häufig um bestimmte Menschen oder um die Vermeidung selbst.

🔲 2. Anzeichen von ADHS

Tony Attwood und Michelle Garnett sprechen in ihren PDA-Fortbildungen darüber, dass sie dass sie bisher keinen PDA-Betroffenen ohne ADHS kennengelernt haben.

Obwohl PDA meist mit Autismus in Verbindung gebracht wird, fühlen sich auch viele Menschen mit ADHS davon angesprochen. Es gibt Studien, die darauf hindeuten, dass PDA möglicherweise enger mit ADHS als mit Autismus zusammenhängt. Gegen eine ausschließliche Verbindung mit ADHS spricht jedoch, dass PDA vorrangig in auf Autismus spezialisierten Kliniken diagnostiziert wurde, nicht aber in ADHS-Einrichtungen.

Es ergibt definitiv Sinn, sowohl Autismus als auch ADHS im Blick zu haben, und es liegt nahe, dass PDA vor allem in der Kombination von Autismus und ADHS (also AuDHS) auftritt.

Eine große Herausforderung bei PDA ist das Bedürfnis nach Struktur und Vorhersehbarkeit (Autismus) bei gleichzeitigem Drang nach Abwechslung, Neuheit und Dopamin (ADHS). Viele Menschen mit PDA suchen sensorische Reize (Sensory/Sensation Seeker) und zeigen gleichzeitig sensorische Überempfindlichkeiten.

🔲 3. Anzeichen von Anxiety

Alle Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass Anxiety eine große Rolle bei PDA-Autismus spielt. Anxiety bezeichnet neben unserem klassischen Verständnis von Angst auch Gefühle wie Sorge, Ängstlichkeit, Nervosität, Stress oder Panik und ist ein Zeichen für eine Dysregulation des Nervensystems. Autistic Anxiety ist nicht mit einer Angststörung gleichzusetzen und auch der Umgang damit ist anders - es kann aber beides vorhanden sein.

 

Anxiety steht in Verbindung mit der häufig empfundenen Intoleranz gegenüber Unsicherheit bei autistischen Menschen.  Vermeidung kann unter anderem aus dem Bedürfnis entstehen, Kontrolle über die Umwelt zu bewahren um die dringend benötigte Vorhersehbarkeit und Stabilität zu gewährleisten – und dadurch wiederum die Anx,iety zu reduzieren. Anfangs werden soziale Strategien verwendet, um Sicherheit wiederherzustellen. Mit zunehmendem Stress werden die automatischen Überlebensmechanismen des Nervensystems aktiviert: Kampf, Flucht, Unterwerfung, Erstarrung und Dissoziation.

 

Menschen mit PDA haben einen starken Drang nach Autonomie bei gleichzeitigem Bedürfnis nach Sicherheit, Co-Regulation und Aufmerksamkeit, damit ihr hochsensibles und reaktives Nervensystem nicht ständig in den Überlebensmodus gerät.

🔲 4. Anforderungsvermeidung

Bei PDA-Autismus steht die Vermeidung in direktem Zusammenhang mit einem starken Drang nach Autonomie und Augenhöhe. Sie kann ganz alltägliche Aktivitäten wie Anziehen, Einkaufen, Schule oder Familienausflüge betreffen. Dinge werden nicht vorrangig wegen der Tätigkeit an sich vermieden, sondern weil sie als Erwartung oder Anforderung empfunden werden. Besonders im einem stark dysregulierten Zustand (zB. Burnout) werden auch Grundbedürfnisse wie Essen, Schlafen und Hygiene vermieden. Auch Dinge, die eigentlich gerne gemacht werden, sind dann nicht mehr möglich. In diesen Fällen geht es um ein Nicht-KÖNNEN anstelle eines Nicht-WOLLENS (Überlebensmodus "Erstarrung" oder "Kollaps").

 

Die Kapazität für Anforderungen kann je nach Zustand des Nervensystems täglich schwanken. Bestimmte Strategien können helfen, Anforderungen zu entschärfen, doch viele Kinder mit PDA-Autismus durchschauen Manipulation schnell. Die Vermeidung kann ähnlich einem Spezialinteresse obsessiv wirken und häufig werden extreme Maßnahmen ergriffen, um ihr zu entgehen. Für Außenstehende ist das schwer nachzuvollziehen, und auch für die Betroffenen selbst kann die Situation verwirrend und beängstigend sein. Denn ihre Intention ist nicht, sich allem zu widersetzen, sondern selbst nicht völlig die Balance zu verlieren.

🔲 5. Autonomiedrang

Die Wurzel des Vermeidungsverhaltens ist das große Bedürfnis nach Selbstbestimmtheit. Der höchste Wert vieler PDA-Betroffener ist FREIHEIT. Leider lassen sich diese beiden Punkte in unserer Gesellschaft nur schwer umsetzen, was zu starker Dysregulation und Unterdrückung der eigenen Identität führen kann.

 

ALLE Menschen möchten in einem bestimmten Maß autonom sein und Kontrolle über ihr Leben haben. Bei PDA ist der Autonomiedrang allerdings übermäßig groß. Viele PDA-Kinder sind selbstbestimmte und interessenbasierte Lerner und haben Probleme mit Autoritätspersonen - vor allem, wenn diese sie von oben herab behandeln oder nicht authentisch sind. Oft sehen sie sich als Erwachsene und nicht als Teil einer Hierarchie.

 

Bekommt ein Mensch mit PDA zu wenig Autonomie - im Moment oder über einen längeren Zeitraum hinweg - beginnt er, andere kontrollieren, um die eigenen Bedürfnisse zu erfüllen und Sicherheit wiederherzustellen. Dies ist nicht GEGEN andere Menschen gerichtet, sondern immer FÜR sich selbst.

 

Eine Sache, die Kinder mit PDA von „lediglich“ autonomen Kindern unterscheidet, ist ihr sensiblens Nervensystem aufgrund von Neurodivergenz. Dadurch wird viel Co-Regulation durch eine oder mehrere sichere Bezugspersonen benötigt. Das kann sehr frustrierend sein und zu einem großen Zwiespalt führen, vor allem wenn sich das Kind nicht "gesehen" und verstanden fühlt.

In den nächsten Wochen...

  • Stärken
  • Emotionsregulation
  • Sozialverhalten
  • Fantasie, Masking & Rollenspiel
  • Baby- & Kleinkindalter
  • Traditionelle Konzepte funktionieren nicht
  • Immer noch unsicher?

Weitere PDA-Checklisten & Quellen

Hier  findest du Links zu den offiziellen PDA-Checklisten:

🔗 Extreme Demand Avoidance Questionnaires (E. Newson)

🔗 Checklisten des Fachvereins PDA (N. Chou-Knecht)

 

Weitere Inhalte, die ich für meine Checkliste verwendet habe: 

🔗 Fachvorträge PDA – Basic & Going Deeper (T. Attwood & M. Garnett)

🔗 Clarity Masterclass (C. Ehrlich)

🔗 PDA-Leitfaden (PDA-Society)

 

Disclaimer

Unsere Inhalte dienen der Aufklärung und Selbsthilfe und ersetzen keine ärztliche, psychologische oder therapeutische Behandlung. Wir arbeiten mit großer Sorgfalt, beziehen verschiedene Blickwinkel ein und gleichen in unserer Recherche immer unterschiedliche Quellen miteinander ab. Dennoch können wir keine Verantwortung für etwaige Fehlinformationen übernehmen. /  Ich habe mit großer Sorgfalt gearbeitet, kann jedoch keine Verantwortung für etwaige Fehlinformationen übernehmen. Du darfst auf dein Bauchgefühl vertrauen und Wissen hinterfragen, selbst wenn es von Fachpersonen kommt. Expert*in für dein Leben bist immer du – vorausgesetzt, dass du informiert, reflektiert und in Verbindung mit dir selbst bist.

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